Nachdem sich der Georg-Büchner-Club im April anlässlich des 50. Jahrestages des Attentats auf Rudi Dutschke bereits mit der 68er-Revolte beschäftigt hat, wollen wir am 16. Juni einen anderen Zugang zum gleichen Thema wählen. Anhand einer Collage von Texten und Originaltönen aus jener Zeit, die Johannes Feldner und Götz Eisenberg vortragen werden, sollen die Themen der Revolte noch einmal angerissen werden, um dann anhand unserer eigenen Biographien nach den lebensgeschichtlichen Spuren und Konsequenzen der Revolte zu fragen.
Unsere Generation kam in den Genuss erleben zu dürfen, wie die Logik der Revolte mit der unseres Lebenstriebs zusammenfiel. So etwas nannten die Griechen »Kairos«, einen Augenblick des Glücks. Der Horizont weitete sich und gab den Blick auf ungeahnte Möglichkeiten frei. Umso schlimmer, wenn man dann erleben muss, wie der Horizont sich wieder verengt und zuzieht. Wie lebt man weiter, wenn man das Scheitern einer – zumindest dem Anspruch nach – revolutionären Bewegung erlebt hat? Welche Kompromisse muss man eingehen, wie weit kann man sich einlassen auf die Spielregeln der bürgerlichen Gesellschaft? »Wann ist man klug? Wann schlau? Wann vernünftig? Und wann ein Verräter?« (Jürgen Fuchs). Wir mussten lernen, dass die Veränderung der Gesellschaft nicht die Zeitlichkeit des Sofort besaß und dass wir über sie älter oder gar alt werden würden. Peter Brückner sprach von der »Leidensgeschichte der Mäßigung der Ansprüche«, Bini Adamczak kürzlich von der »postrevolutionären Depression«. In einem Gedicht von W. H. Auden findet sich eine lyrische Umschreibung jener Depression: »Two friends who met here and embraced are gone, Each to his own mistake« (»Zwei Freunde, die hier sich trafen und umarmten, sind fort, Jeder zu seinen eigenen Fehlern.«)