Migration und Kriminalität

Mit dem Kriminalpsychologen Prof. Dr. Rudolf Egg möchten wir einen nüchternen Blick auf die Zusammenhänge von Migration und Kriminalität und die langfristigen Mühen der Integration werfen.

Samstag, 18. Februar 2017 - 14:00

Kritische Beobachter ahnten früh, dass die Euphorie der »Willkommenskultur« bald in Katzenjammer umschlagen würde. Schon im Oktober 2015 mehrten sich die Stimmen, die ein »Kippen der Stimmung« befürchteten. Heribert Prantl schrieb Mitte Oktober 2015 in der Süddeutschen Zeitung: »Man kann dieses Kippen der Stimmung auch herbeireden, herbeischreiben und herbeisenden; ich glaube, das geschieht gerade. Es geschieht dies so ähnlich, wie zuvor die Betroffenheit herbeigeschrieben und herbeigesendet werden konnte. Wenn Stimmungen nur Stimmungen sind und keine Überzeugungen, schlagen sie schnell um. Mit einem Gezeitenspiel von Emotionen, im Wechsel von Hui und Pfui, lässt sich freilich verlässliche Flüchtlingspolitik nicht gut machen.«

Denjenigen, denen daran gelegen war, dass die Stimmung kippt, kamen die Ereignisse in der Kölner Silvesternacht wie gerufen. Sie schien das wahr gemacht zu haben, was besorgte Bürger bislang herbeifantasieren mussten: Ein entfesselter Mob von Afrikanern und Arabern zieht durch unsere Städte und vergreift sich an »unseren Frauen«. Besser konnte das Jahr 2016 für Pegida, AfD und Co. gar nicht anfangen. Die islamistisch motivierten Anschläge von Würzburg, Ansbach und Berlin und die Vergewaltigung und Tötung einer Studentin durch einen jungen Geflüchteten aus Afghanistan, der zuvor bereits in Griechenland eine ähnliche Straftat begangen hatte, taten ein Übriges und ließen die Willkommenskultur endgültig in Ernüchterung, Skepsis und Ablehnung umschlagen. Von der Stimmung des »Wir schaffen das!« ist wenig geblieben. Angst und Unsicherheit machen sich rund um das Thema Migration breit und steigern sich mitunter zu einer regelrechten Panikmache und Hysterie.

Anlass für uns, innezuhalten und einen nüchternen Blick auf die Zusammenhänge von Migration und Kriminalität und die langfristigen Mühen der Integration zu werfen. Es ist uns gelungen, für dieses Thema einen kompetenten Referenten zu gewinnen. Prof. Dr. Rudolf Egg ist einer der renommiertesten Kriminalpsychologen des Landes und ein gefragter Interviewpartner für Funk und Fernsehen. Von 1997 bis 2014 war er Direktor der Kriminologischen Zentralstelle des Bundes und der Länder (KrimZ) in Wiesbaden. 2015 legte er das viel beachtete Buch Die unheimlichen Richter. Wie Gutachter die Strafjustiz beeinflussen vor.

2016 beauftragte ihn der vom Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Ereignisse der Kölner Silvesternacht mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieses wurde am 30. September 2016 vorgelegt. Rudolf Egg und seine Kollegen erhielten Einsicht in die anonymisierten Strafanzeigen der Opfer und werteten diese systematisch aus. Wer waren die Täter, waren sie organisiert? Wie ist das Verhalten der Polizei in jener Nacht zu bewerten? Welche Fehler wurden begangen und wie haben diese das Verhalten der Täter beeinflusst? Welche Erkenntnisse lassen sich aus der Beantwortung dieser Fragen gewinnen für die Vermeidung ähnlicher Vorfälle in der Zukunft? Wie ist vor diesem Hintergrund das Vorgehen der Polizei an Silvester 2016 zu beurteilen? Wie sollten unsere Integrationsbemühungen aussehen, um die mit der Migration verbundenen Kriminalitätsrisiken möglichst gering zu halten?

Über diese und andere Fragen werden wir nach seinem Vortrag mit Prof. Egg diskutieren können.

(Götz Eisenberg)

Rudolf Egg
Die unheimlichen Richter
Wie Gutachter die Strafjustiz beeinflussen
München 2015, C. Bertelsmann
287 Seiten
ISBN 978-3-570-10242-8